Reallabor: Die Theorie

Was ist das digitale Reallabor und wozu brauchen wir es?

In einem Labor sind zumeist Wissenschaftler*innen unter sich. In einem Reallabor hingegen werden Bürger*innen von Anfang an in das Forschungsvorhaben einbezogen und die Untersuchungen finden im realen Raum unter realen Bedingungen statt. Reallabore bieten einen Rahmen, in dem Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft gemeinsam wichtige gesellschaftliche Fragestellungen bearbeiten können. Ein solcher Rahmen kann auch eine Online-Plattform sein – genau wie diese Seite hier eine ist. Das Ziel eines Reallabors ist es, Bürger*innen von Anfang an in den Forschungsprozess einzubeziehen und Lösungsansätze konkret vor Ort auszuprobieren.

Trockenes Flussbett bei Köln(c) istockphoto.com / AL-Travelpicture

niedrige Flusspegel bei Köln

Das digitale Reallabor stellt die Bürger*innen in den Vordergrund. In dem virtuellen Versuchslabor wurde die Bereitschaft privater Haushalte untersucht, durch veränderte Nutzungsgewohnheiten die städtische Versorgung mit Trinkwasser und Strom während Zeiten von hoher Nachfrage zu entlasten. Vor allem durch extreme Wetterereignisse, welche aufgrund des Klimawandels sehr wahrscheinlich in ihrer Häufigkeit und Intensität zunehmen werden, werden Versorger zunehmend vor neue Herausforderungen bei der Bereitstellung von Strom und Trinkwasser gestellt.

Beispielsweise werden viele Haushaltstätigkeiten wie Wäschewaschen, Kochen und der Geschirrabwasch nach Feierabend zwischen 17 und 20 Uhr durchgeführt, was zu einer sogenannten Lastspitze beim Wasserverbrauch führt. Während einer länger andauernden Dürreperiode bedeuten diese Lastspitzen aufgrund der größeren Wasserknappheit eine starke Belastung für die Trinkwasserversorgung. Im Reallabor stellten wir uns die Frage: Wie können wir während Extremwetterperioden durch Änderung unseres Verbrauchverhaltens die Belastung der Versorgungsstrukturen reduzieren, um das Erreichen von Kapazitätsgrenzen zu vermeiden?

Mann beim Einräumen einer Waschmaschine(c) istockphoto.com / Kerkez

Eine Möglichkeit ist, den Gebrauch wasserintensiver Geräte in eine Tageszeit zu verschieben, die erfahrungsgemäß keine hohen Nachfragen aufweist. So können viele Waschmaschinen so programmiert werden, dass sie nachts laufen. Damit bewirkt man eine Verschiebung von Lastspitzen, also von kurzzeitig auftretenden hohen Nachfragen, und sorgt so für eine Entlastung der Versorgungsstrukturen. Gleiches gilt für die Versorgung mit Strom. Eine weitere Möglichkeit ist, den Verbrauch zu reduzieren und beispielsweise zu duschen anstatt zu baden und den Gebrauch von Klimaanlagen durch sinnvolles Lüften und Verschattungen zu vermeiden.

Die nachfolgende Grafik veranschaulicht das Konzept der Lastverschiebung:

Im digitalen Reallabor wurden diese Maßnahmen zur Entlastung unserer Versorgungsinfrastrukturen erprobt, zudem wurden die Bereitschaft und die realistischen Möglichkeiten untersucht, diese anzuwenden. Weiterhin wurde im Reallabor zusammengetragen, welche Maßnahmen bereits genutzt werden. Dazu gehören sparsame Verhaltensmaßnahmen und auch technische und bauliche Entlastungsmöglichkeiten wie Regenwassertonnen und effiziente Geräte. Hier erfahren Sie mehr über den praktischen Teil des Reallabors.

Was ist das Ziel des Reallabors?

Die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels müssen rechtzeitig erkannt und Handlungsmöglichkeiten für eine Anpassung ausgelotet werden. Kommunen stehen vor der großen Herausforderung, starre und seit Jahrzehnten bestehende Versorgungsinfrastrukturen an neue Belastungssituationen durch Extremwetterereignisse anzupassen. Dabei bestehen zwei Möglichkeiten, diese Anpassung zu realisieren: So können städtische Versorgungsinfrastrukturen kostenintensiv um- oder ausgebaut werden. Günstiger ist hingegen, die Infrastrukturen durch Verhaltensänderung oder kleine bauliche Maßnahmen zu entlasten. 

Familie beim Abwaschen(c) istockphoto.com/ SolStock

Mit der letztgenannten Möglichkeit beschäftigte sich das digitale Reallabor. Hier wurde die Bereitschaft der Verbraucher*innen untersucht, während simulierter Extremwetterereignisse die Nutzung von Strom und Wasser so anzupassen, dass die Versorgungsstrukturen entlastet werden. Die Erkenntnisse des Projektes sollen helfen, sinnvolle Anpassungsstrategien an die mit dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen zu finden, und zukünftig als Entscheidungshilfe für Kommunen und Versorger dienen. Zudem wurden die Einflussnahmemöglichkeiten der Endverbraucher auf die Entlastung der Versorgungssysteme abgeschätzt, mit dem Ziel, diese Einflussnahmemöglichkeiten so weit wie möglich auszunutzen, damit teure Umbaumaßnahmen an den Versorgungsinfrastrukturen vermieden und die Verbraucher vor den damit zusammenhängenden Kosten bewahrt werden können. 

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