Sonderbefragung

Nach dem Abschluss des digitalen Reallabors im November hat das Flexitility-Team damit begonnen, alle bisherigen Umfragen der vorangegangenen Monate auszuwerten. Dabei haben sich neben vielen spannenden Ergebnissen auch neue Fragestellungen ergeben. Deshalb haben wir im Mai 2021 eine Sonderbefragung durchgeführt. Mit dieser wollten wir herausfinden,

  • welche Anreizsysteme Verbraucher*innen motivieren, ihre Nutzung von Wasser und Strom dem aktuellen Angebot anzupassen,
  • was sind die Hemmnisse, warum Verbraucher*innen Anreizsysteme nicht annehmen wollen bzw. können,
  • können gezielte Hinweise die individuelle Anpassung des Verbrauchsverhaltens unterstützen und
  • wie ist die Akzeptanz für externe Steuerungen und weitere technische Maßnahmen.

Insgesamt haben 412 Personen an der Befragung teilgenommen.

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick

  • sehr hohe Bereitschaft (durchschnittlich 90 %) der Teilnehmer*innen zur Verhaltensanpassung sowohl bei zeitlich begrenzten Tariferhöhungen als auch bei dauerhaften Tarifsenkungen
  • die Höhe der Tarifsteigerung und Tarifsenkung ist nicht entscheidend
  • 67 % würden sich bei Tarifen, welche an ihren Verbrauch gekoppelt sind, auch daranhalten
  • über 91 % wären zu einer automatisierten Verschiebung bereit

Die detaillierten Ergebnisse

Als ersten Schwerpunkt haben wir die zeitlich begrenzte Tariferhöhung als Anreizsystem im Bereich Wasser untersucht. Dafür haben wir den Teilnehmer*innen folgenden Hintergrund gegeben:

"Aufgrund von heißem und sehr trockenem Wetter ist der Wasserbedarf in Ihrer Region auf Höchstniveau. Um die Versorgungsqualität nicht einzuschränken, werden vorübergehend Preiserhöhungen in den Spitzenverbrauchszeiten eingeführt. So kostet der Kubikmeter Wasser für einige Tage in den Zeiten von 6 bis 9 Uhr und 16 bis 21 Uhr mehr als zu den übrigen Tageszeiten:

  • Gruppe A: 20 Prozent – Das entspricht je nach Grundtarif Ihres Versorgers einer Erhöhung um etwa 20 bis 40 Cent pro Kubikmeter Wasser.
  • Gruppe B: 50 Prozent – Das entspricht je nach Grundtarif Ihres Versorgers einer Erhöhung um etwa 50 Cent bis 1 Euro pro Kubikmeter Wasser."

Unabhängig von der Höhe des Preisanstiegs gibt es bei den Teilnehmer*innen des digitalen Reallabors eine sehr große Bereitschaft zur Verhaltensanpassung.

Darauf aufbauend, wollten wir wissen, welche konkreten Tätigkeiten die Teilnehmer*innen regelmäßig zu einem günstigeren Zeitpunkt durchführen würden.

Gruppe A:

Gruppe B:

Zudem haben wir untersucht, ob eine dauerhafte Tarifsenkung die Teilnehmer*innen motivieren kann, ihr Verbrauchsverhalten anzupassen. Dafür haben wir ihnen folgenden Hintergrund gegeben:

"Stellen Sie sich vor, dass der Preis für Wasser in der Zeit von 21 bis 6 Uhr dauerhaft günstiger ist als zu den restlichen Tageszeiten:

  • Gruppe A: 20 Prozent – Das entspricht je nach Tarif Ihres Versorgers einer Ersparnis von 20 bis 40 Cent pro Kubikmeter Wasser.
  • Gruppe B: 50 Prozent – Das entspricht je nach Tarif Ihres Versorgers einer Ersparnis von 50 Cent bis 1 Euro pro Kubikmeter Wasser."

Wie bei der Tariferhöhung zeigen die Teilnehmenden hier ebenfalls eine sehr große Bereitschaft zur Anpassung. Die Höhe der Tarifänderung hat aber auch hier keinen entscheidenden Einfluss. Unter Betrachtung der bisherigen Ergebnisse des Reallabors ist es sehr wahrscheinlich, dass Motive wie Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutz mindestens genauso wichtig sind.

Als letzten Anreiz im Bereich Tarif wurde noch eine Option betrachtet, die sich nach dem tatsächlichen Verbrauch richtet. Folgender Hintergrund wurde den Teilnehmer*innen gegeben:

"Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einen vergünstigten Tarif für eine tägliche 'Grundversorgung' mit Wasser, zahlen aber 50 Prozent mehr für Verbräuche, die darüber hinaus gehen. Die vergünstigte Grundversorgung umfasst 100 Liter pro Person und Tag, was ungefähr die üblichen alltäglichen Bedürfnisse abdeckt. Sie erhalten auf Wunsch kostenlos eine Anzeigefunktion vom Wasserversorger, die sie laufend über Ihr aktuelles Verbrauchsniveau informiert."

Als weiteres Anreizsystem haben wir die Möglichkeit der externen Verbrauchssteuerung betrachtet. Folgende Hintergrundinformation wurde den Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellt.

"Zukünftig muss sich der Stromverbrauch stärker nach der variierenden Produktion von Wind- und Solarenergie richten. Stellen Sie sich vor, dass Ihr Stromversorger Ihnen kostenlos kleine Steuerungsgeräte zur Verfügung stellt: Sie dienen dazu, Stromverbräuche im Haushalt in geringfügigem Ausmaß und automatisiert zu verschieben. Das betrifft vor allem verschiebbare Lasten wie Kühlleistung, Wärmespeicher und das Laden von Akkus. Sie hätten dadurch keinerlei Mehrkosten oder Komfortverluste bzw. würden dies gar nicht bemerken. Auch behielten Sie die volle Kontrolle, wenn Sie z. B. Ihr E-Auto so schnell wie möglich laden oder die Temperatur von Heizung oder Kühlschrank erhöhen oder senken wollten."

Über 91 Prozent wären unter diesen Bedingungen zu einer automatisierten Verschiebung bereit.

Gezielte Informationen wurden als ein weiteres Anreizsystem betrachtet. Dazu gehörten sowohl anlassbedingte als auch regelmäßige Informationen. Folgender Hintergrund wurde im Zusammenhang mit anlassbedingten Ereignissen gegeben.

"Stellen Sie sich vor, Ihr Wasserversorger würde Ihnen an den Tagen mit erhöhten Tarifen zu den Spitzenzeiten eine der folgenden Nachrichten schicken."

Gartenbesitzer*innen wurden zudem noch folgende Informationen angeboten.

Um den Einfluss von regelmäßigen Informationen zu untersuchen, wurden den Teilnehmer*innen zwei verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen: ein monatlicher Bericht oder Aufkleber auf den Verbrauchsstellen.

Als letztes Anreizsystem wurde aus dem Bereich der technischen Maßnahmen das Interesse an einer Installation eines Trinkwasser-Hausspeichers untersucht. Den Teilnehmer*innen wurde folgende Hintergrundinformation zur Verfügung gestellt.

"Stellen Sie sich vor, Ihr Wasserversorger bittet Sie (bzw. Ihre/n Vermieter*in) um die Installation eines Trinkwasser-Hausspeichers. Dieser soll als Puffer zwischen Versorgungsnetz und Ihren Hausleitungen dienen und mindestens das Volumen eines Tagesverbrauchs Ihres Hauses fassen. Dadurch kann der Wasserversorger Kosten für die Versorgung sparen. Als Gegenleistung erhalten Sie einen vergünstigten Tarif und aufgrund des Speichervorrats eine erhöhte Versorgungssicherheit bei Ausfällen der Trinkwasserversorgung. Aufgrund des vergünstigten Tarifs würde sich die Investition spätestens nach 10 Jahren finanziell lohnen."